Samstag, 6. Mai 2012, 19:00 Uhr · Friedenskirche, Traitteurstraße 48, 68165 Mannheim-Schwetzingerstadt
Samstag, 24. Juni 2012, 18:00 Uhr · Protestantische Zwölf-Apostel-Kirche, Carl-Theodor-Straße 2, 67227 Frankenthal
- Dorothee Böhnisch, Sopran
- Margarete Eschli, Alt
- Yichao Wang, Tenor
- Jan-Ole Lingsch, Bass
- Irina Kawerina, Akkordeon
- Kazuko Uehara-Bischof, Klavier
- Konzertchor der Stadt Mannheim
- Leitung: Lionel Fawcett
Eintritt: 15 Euro, ermäßigt 10 Euro
Der berühmter Opernkomponist Gioacchino Rossini (1792-1868) ist bekannt für seine italienischen Opern. Innerhalb von 20 Jahren schrieb er 39 meist komische Opern und verdiente sich hiermit Ruhm und Geld für ein ganzes Leben. Seine Werke wie „Der Barbier von Sevilla“, „Die Italienerin in Algier“, „Die diebische Elster“, „Othello“, „Wilhelm Tell“ gehören noch heute zum Repertoire der Opernhäuser der Welt. Im Alter von 36 Jahren hört er mit dem Komponieren auf, zog sich vom öffentlichen Musikleben zurück und genoss sein Leben in einer Villa in der Nähe von Paris. Der gesellige und humorvolle Rossini wurde dort zu einer musikalischen Eminenz, der von Musikern und Personen der höheren Geistes- und Gesellschaftsschichten besucht und verehrt wurde. 34 Jahren nach seiner letzten Oper nahm er 1863 das Komponieren wieder auf und schrieb diesmal überraschenderweise ein geistliches Werk, die „Petite Messe solennelle“ (Kleine oder unbedeutende feierliche Messe), eine Vertonung der liturgischen katholischen Messe. Sie war ein Auftragswerk der Gräfin Louise Pillet-Will für die Einweihung ihrer Privatkapelle.
Die Musik verknüpft historische Tradition mit moderner Schreibweise und gelangt somit zu einer Synthese aus kontrapunktischer Satztechnik, farbenfroher Chromatik, harmonischer Kühnheit und opernhaftem Schöngesang. Eine gewisse Nähe zu den Unterhaltungsweisen der Oper kann hier jedoch nicht verleugnet werden. Die Bezeichnung „klein und unbedeutend“ ist typisch für Rossinis Sinn für ironisches Understatement, und sie bezieht sich zunächst auf die Originalbesetzung der Begleitung für Harmonium und 2 Klaviere, die durch die Uraufführung in der Kapelle eines Privathauses bestimmt wurde. Sie wird aber auch als Kritik an der musikalischen Entwicklung des 19. Jahrhunderts verstanden, die nach Rossinis Meinung pompöse und größenwahnsinnige Proportionen angenommen hatte. Darüber hinaus verspottet Rossini hierbei die zeitgenössische Bezeichnung „Grand Messe solennelle“ (Großartige feierliche Messe). Trotz einer stattlichen Aufführungsdauer von 85 Minuten erzeugt die schlanke Originalbesetzung der zwei Klaviere und des Harmoniums eine Durchsichtigkeit und Beweglichkeit, die an die neapolitanische Cembalo-Tradition des 18. Jahrhunderts anknüpft, und nicht an die großen Dimensionen und Wirkungen des spätromantischen Sinfonie-Orchesters.
Das Werk gebraucht hoch entwickelte musikalische Formen wie die Doppelfuge, Stilmittel wie textausdeutende Chromatik, Neuerungen der Harmonik und zahlreiche Strukturwechsel zwischen dem Soloensemble und dem vierstimmigen Chor. Hier übertrifft Rossini bei weitem die eher „bescheidenen“ musikalischen Stilmittel seiner Opern. Seine typische Art, sich hinter einer ironischen Bemerkung zu verstecken, kommt auch in dem der Messe beigegebenen „Brief an Gott“ zum Ausdruck: „Lieber Gott, da ist sie, die arme kleine Messe. Ist sie wirklich geistliche Musik, die ich da geschrieben habe, oder ist es ganz einfach verdammte Musik? Ich bin für die komische Oper geschaffen, wie Du wohl weißt. Ein wenig Geschick, ein wenig Herz – das ist alles. Sei also gepriesen und lass mich ins Paradies gelangen.“
Diese Messevertonung ist weniger eine „heilige“ intime formale Aussage der kirchlichen Messe, sondern mehr eine Vertonung voller menschlicher und diesseitiger Ausdruckskraft, die uns durch Hingabe, Überzeugung und Glaube fesselt und inspiriert.